Donnerstag, 2. Juli 2009

Sonntagsschutz und Ladenöffnungszeiten - vereinbar?

Am 23. Juni 2009 befasste sich in einer öffentlichen mündlichen Verhandlung der Erste Senat des BVG mit einer Verfassungsbeschwerde der Berliner Kirchen zu den Ladenöffnungszeiten. Vertreter der Wirtschaft befürworteten das Gesetz, die Kirchen und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di lehnten es ab.
Das Berliner Ladenschlußgesetz vom 14. November 2006 sieht vor, dass an allen vier Adventssonntagen die Geschäfte von 13 bis 20 Uhr geöffnet sein können. Hinzu kommen vier weitere Sonn- oder Feiertage, sofern dies in "öffentlichem Interesse" sei. Außerdem zwei Sonn- und Feiertage im Zusammenhang mit "besonderen Ereignissen". Diese Regelung enthalte im Vergleich zu den Bestimmungen der anderen Bundesländer die großzügigsten Ladenöffnungsmöglichkeiten.
Bis zu einer Entscheidung des BVG wird zum einen die Frage nach den verfassungsrechtlichen Grenzen der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen und zum anderen die Frage, ob die Gewährleistung der Religionsfreiheit in Art. 4 GG durch die Garantie des Sonn- und Feiertagsschutzes aus Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 Weimarer Reichsverfassung zu prüfen sein. Ob das BVG den Kirchen und ihrer Sichtweise zu den beiden Artikeln des GG zustimmen wird, ist ungewiss.
Zu klären sein wird auch, welchen Wert der Sonntag in der "Rhythmisierung der Zeit" künftig haben wird, wie z.B. die Möglichkeit der Religionsausübung, die persönliche Ruhe und Besinnung sowie die Erholung und Erlebnissuche. Dazu fand ich diese Betrachtung von Christa Spilling-Nöker im Konradsblatt 27/2009 (zit. aus "Ich schenke dir ein gutes Wort. Ermutigungen und Segensworte, Matthias-Grünewald-Verlag, Ostfildern 2009, Topos 674)
Sonntag
Ich nehme mir Zeit,
die Blume am Wegesrand
zu betrachten;
ich schaue sie an
ohne Hast
und ohne Eile.
Nichts treibt mich.
Ich kann es mir leisten,
beschaulich zu werden
nach außen,
nach innen:
Was will wohl in mir
wachsen,
Knospen treiben
und blühen?
Eins bin ich
mit der Welt
und mit mir.